Meine lieben Leser und Zuhörer*innen,
Frage an Sie:
Wann fällt es einem am einfachsten, Fehler zu verzeihen?
Hm. Sie fragen zurecht zurück:
Meinst du jetzt meine eigenen oder die Fehler anderer?
Meine Antwort: Eine gute und berechtigte Gegenfrage.
Nun, ich möchte es gerne im Kontext betrachten, dass ein anderer sie macht - in deine Richtung.
Trotzdem spielt der Umstand /Thema ´eigene Fehler machen´ eine durchaus bedeutende Rolle dabei. Derart, wie man die Fehler anderer betrachtet - sie gewichtet oder welche Bedeutung man diesen beimisst. Und darauf gehe ich später noch ein.
Unter diesem Aspekt also gerne nochmals die Frage:
Wann fällt es einem einfacher, Fehler zu verzeihen?
Antwort:
Tja, vielleicht …
… , wenn man sie ggfs. selber schon gemacht hat?
Vielleicht …
… wenn man, losgelöst vom aktuellen stattgefundenen Fehltritt, diese Art von Fehlern bereits von einem anderen Menschen her kennt?
Also, ein bekanntes Muster da ist – und man einfach nur den Kopf schüttelt, weil schon gesehen und oft erlebt?
Oder
Vielleicht …
dann noch am ehesten, wenn der andere sie ggfs. schon so häufig in deine Richtung gemacht hat, dass man sie mittlerweile einfach toleriert - bis hin zur Akzeptanz.
Und das beim anderen als charmanten Charakterzug abtut.
Oder gar,
Vielleicht …
… wenn man ggfs. schon resigniert hat – dem anderen Gegenüber?
Eine These:
So mancher ist der Auffassung, dass es immer dann einfacher sei, über die Fehler des anderen hinweg zu sehen, wenn man solche Fehler auch ´selber begeht´.
Jemand baut also Mist und ich bin milde mit anderen, weil ich es selber genau so mache, gemacht habe oder sagen wir mal ´genauso so drauf bin´. In dieser Hinsicht.
In diesem Fall ist meine Einschätzung aber, dass eher das genaue Gegenteil der Fall ist.
Nämlich, dass es umso schwerer fällt, Fehler zu verzeihen, grade wenn man diese selber - nennen wir es – in sich trägt / anwendet.
Wobei es hier zu unterscheiden gilt:
Und zwar das Bewusste tun, sowie Unbewusste tun bis hin zum unterbewussten Wissen, um diese eigene Schwäche.
Was meine ich damit?
Ein sehr reflektierter Mensch kennt meist auch seine Schwächen recht genau.
Der Unreflektierte dagegen hat in der Regel den berühmten blinden Fleck. Also, frei nach Mattheus 7: Ich zitiere für alle nicht Bibelfesten.
„Was siehst du aber den Splitter in deines Bruders Auge, und wirst nicht gewahr des Balkens in deinem Auge?“
Das kennt man vielleicht. Und wenn wir ehrlich sind, dann stimmt dieser Satz oft bis ins Mark. Denn grade der Mensch, der glaubt, er sei frei von irdischen Makeln wird
a) am lautesten Schimpfen und
b) sich über das „Fehlverhalten“ des anderen ereifern. Dabei wird diesem meist nur der Spiegel vorgehalten. Von wegen ich bin verzeihlich … .
Warum aber triggert einen das aber so?
Nun, sobald das Fehlverhalten beim Anderen an den Tag kommt, was selbst in mir schlummert, wird intern ein Trigger bedient oder ausgelöst, der dazu führt, sich gerne selbst in Rage zu bringen oder darüber reden zu wollen.
Ist ihnen wahrscheinlich schon aufgefallen.
Wäre man entspannt mit der Situation, könnte man es einfach weglächeln.
Auch das kennen wir.
Ein Mensch kann hundert andere Dinge „falsch“ machen.
Viele Ausrutscher bei der anderen Person sind uns total wumpe und dann kommt diese eine bestimmte Sache und wir sind direkt auf 180!
Denken Sie bitte hier mal an den berühmten ´Militanten Nichtraucher´, der früher selbst Raucher war. Den kennt jeder in seiner Bekanntschaft. Wir wissen alle, wie der lospoltert, wenn neuerdings eine Zigarette an der falschen Stelle entzündet wird.
Ein intressanter Aspekt ist:
Und je häufiger du über eine bestimmte Sache schimpfst, unabhängig von der Person, desto stärker ist es wahrscheinlich dein Thema.
Also, anders ausgedrückt könnte man auch sagen.
Je geringer die Anzahl dieser Störmomente ist und deine Reaktion auf diese wenigen Momente umso höher ausfällt, desto krasser ist das Thema für dich.
Also, wenn ein Mensch etwas tut, was sich gefühlt von außen betrachtet wie ein einmaliger ´Ausrutscher´ darstellt und dich diese Sache aber total mitnimmt
Sofort nagt etwas in dir.
Und dies kann durchaus in Extremen münden:
Zwei Szenarien.
1)
Der Mensch, der bei dir einen bestimmten Trigger zieht und das vielleicht nur ein einziges Mal verschuldet hat, bekommt bereits die volle Ladung an Frust ab. Und der weiß gar nicht wie ihm geschieht.
Wir kennen diese Situation, die in folgenden Statement endet:
„Welche Laus ist dir denn über die Leber gelaufen. Geht’s noch?“
oder
2)
Der Mensch, der das beständig mit dir abzieht. Diesem wird man nach einer gewissen Zeit unverzeihlich gegenüber. Denn intern läuft in dir folgende Spule ab:
Dieser ´Fehler´ vom anderen sei ja wohl absolut (noch mal) vermeidbar gewesen, oder etwa nicht.
Beispiel gefällig?
Angenommen, du verabredest dich regelmäßig mit einer dieser ´fehlerhaften´ Personen.
Diese Person ist dir wichtig. Daher freust du dich auch sehr auf die Begegnung.
Dieser dir wichtige Mensch sagt dir, in einer konstanten Regelmäßigkeit, diese geplanten Treffen wieder ab.
Und nicht etwa mit einer ausreichenden Karenzzeit von Tagen, sondern gar von Stunden. - manchmal sogar Minuten zuvor.
Zu Deutsch:
Ein echtes Ärgernis. Denn, du hast dir Zeit reserviert. Du hast dich auf den andern gefreut.
All diese Dinge, werden nun weggenommen und aus deinem Tagesplan entfernt.
Krass, schnell und unbarmherzig.
Fühlt sich das gut an? Macht das Spaß? Fühlt man sich gut dabei?
Für den einen ja, der sich genauso mit dieser Person verabredet und Absagen erhält und für den anderen irgendwie gar nicht mehr.
Letzterer denkt:
Möchte ich mich mit diesem Jenigen noch mal verabreden? Besser nicht. Der andere soll sich gefälligst Mühe geben, seine Verabredungen einzuhalten.
Machen wir es für den besagten Fall noch heftiger. Diese besagte Person verabredet sich öfters mit dir. Drückt damit also aus, dass du ihm auch wichtig bist. Ein Kompliment also.
Ist man dann trotzdem Milde bei einer Absage, weil man diese Schwäche beim anderen schon kennt. Ja, damit rechnet?
Selber diese Schwäche an sich hat - und kennt.
Oder poltert man los und ereifert sich, dass dies ja wohl eine Unverschämtheit sei. Noch nicht, denn der andere macht es ja ständig mit dir.
Warum ist es also für den einen schwerer zu verzeihen oder verzeihlich zu sein und für den anderen weniger?
Noch mal die Frage:
Kann man einfacher verzeihen, wenn man die gleichen ´Fehler´ hat?
Ich bleibe beim Nein.
Grund: Man möchte seine eigenen Fehler einfach nicht gespiegelt bekommen.
Also diese eigenen Fehler durch Dritte ggfs. potentiert vor Augen geführt bekommen.
Doch es gibt Hoffnung. Nämlich dann, wenn man reflektiert ist.
Als reflektierter Mensch, wie schon gesagt, kann man Verständnis zeigen für jemanden der das gleiche Thema/ Problem hat, wie man selbst.
Das wird dann gewahr, wenn man um einen eigenen Bereich weiß, der im Leben selbst nicht gut funktioniert.
Wir machen das an einem Beispiel fest - Pünktlichkeit:
Das kann sein immer zu spät zu kommen, es nicht zu schaffen pünktlich zu sein.
Wenn ich von mir selbst weiß und erkenne, dass ich gerne zu spät komme, dann kann ich ggfs. verzeihlich sein mit denjenigen, die ein ähnliches Problem haben.
Aber - verabrede ich mich mit einem solchen Menschen regelmäßig zu wichtigen Terminen (Kino, Bahnfahren und Co?
Eher nein! Das würde mich ärgern, wenn der Tagesplan nicht hinhaut, weil diese Person immer zu spät kommt .
Trotzdem bin ich vielleicht derjenige, der auch auf jeder Party zu spät erscheint und das Essen nicht pünktlich mitbekommt.
Der gänzlich unreflektierte - mit den gleichen Fehlern - wird sich aber ggfs. als Richter gegenüber anderen aufführen und verlangen, dass diese gefälligst der Situation angemessener Verhalten an den Tag zu legen.
Fazit:
Prüfen Sie mal für sich, bei welchen Dingen, Sie anfangen, besonders arg zu schimpfen oder gar zu resignieren.
Wo sind Sie dagegen verzeihlich und milde? Was hat das mit Ihrem Alltag oder Behaviour zu tun?
Sich selber bzw. anderen gegenüber?